Weltenbau Teil 1: Wir bauen uns die Welt, wie sie uns gefällt

Sandra, Ron und Jens diskutieren über Weltenbau in den unterschiedlichsten Medien und im Spiel.

Was macht eine erfolgreiche fiktionalen Welt aus? Was sind die Grundpfeiler einer Welt? Und wo darf/sollte man im Ungefähren oder Vagen bleiben?

Erwähnt werden unter anderem:

9 Gedanken zu „Weltenbau Teil 1: Wir bauen uns die Welt, wie sie uns gefällt“

  1. Tolkien-Magie: Nicht zu vergessen, das keiner Vorbeikommt… hmm… Was trifft eigentlich auf die Freund-Tür zu, wenn man die Magie schon so grob einteilt?

    Welt in der alle gleich sind: Hätten damit nicht eigentlich shcon fast das idealbild der sozialistischen SciFi umschrieben?

    Aventurien: Das Problem mit Aventurien ist eher, das „Alles“ auf viel zu kleinem Raum gestopft wurde. (Und keinerlei sinnvolle Erklärung existiert, warum das so geblieben sein soll, in diesem Zusammenhang.) Mittlerweile kann man ja fast sagen: Die besten Ideen, die irgendwie mit DSA zu tun haben, sollte man mit einem Schneitbrenner aus Dere rausschneiden (Also Myranor, eventuell noch Uthuria und dieses neue Ding rund um die Schwertmeister) und für sich allein verwenden, während man den dann durchlöcherten Weltball zusammen mit dem Missgeschick Aventurien in die weiten des Welltalls auf nimmer wiedersehen kickt.

    Angst vor Sexualität: Ich weiß, dass der Punkt wenig mit dem Thema zu tun hat, aber ist diese „Angst vor Sexualität“ nicht eher tradiert-alhergebracht, und die sexuelle Freizügigkeit, die Ron ja mehr oder weniger positiv Wahrzunehmen scheint, ein ganz junges Entwicklungskonzept, das jetzt seit den späten 60ern langsam in unser Bewusstsein wirklich einsickert?

    Es kann nicht immer regnen: War das nicht ein Zitat aus „The Crow“? ^^

    Eine ziemlich interessante Folge im großen und ganzen bis jetzt. Ich bin wirklich gespannt, wie es weiter geht. Aber so auf die schnelle fehlt mir da gerade das große „Erfolgsrezept“ im Moment. Ich muss mal selbst überlegen, was meine persönlichen Lieblingswelten sind.

    1. Die Idee (auch das Gespenst) von Sozialismus und Gleichheit kommt glaube ich aus der französischen Revolution. Das Ziel der Klassenlosigkeit wird oft mit Gleichheit verwechselt, inklusive von vielen selbsternannten Sozialisten.

      Ich glaube historisch betrachtet kommt Prüderie in Wellen. Das hatte auch viel mit sozialen Schichten zu tun und wer wen gerade mit seinen Werten beglücken wollte. Die Konstante war eher, dass Frauen nichts zu sagen hatten, insofern ist die Innovation des letzten Jahrhunderts wohl vorallem, dass sich das geändert hat. Zudem wenn man sich in der Welt umschaut, gibt es auch ganz andere Sexualmoral.

  2. Öhm… wenn man die drei Muscheln und den Woody-Allen-Link anklickt, kommt bei mir jeweils der Destillieranzug, wie in dem Dune-Link dazwischen. Ich hab da mal gleich alle anderen Links getestet, und beim „ollen Tolkien“ kommt eine Wikipedia-Seite zum Begriff „Tolkin“…. vielleicht mal bei Gelegenheit nachgucken…

      1. Danke, klappt jetzt alles. Endlich weiß ich, was es mit den drei Muscheln auf sich hat.

        Hab jetzt auch den Podcast gehört, in dem ihr ja nach Feedback fragt.

        Erstmal finde ich das Thema sehr gut und leider viel zu wenig beachtet. Oft hört man ja Sätze wie „das ist Fantasy, da ist alles möglich“. In dieser Hinsicht finde ich D&D sogar noch übler als DSA. Wenn sich jeder Nekromatenpraktikant durch die Gegend teleportieren kann und Repetierzauberstäbe mit 2W6 Feuerballladungen an jeder Ecke rumliegen, dann macht das einfach keinen Spaß. Zwar sind Hintergründe wie die Forgotten Realms oder zB Planescape durchaus auf diesen Phantasieoverkill angelegt und viel weiträumiger als Aventurien, aber durch die schier unbegrenzten Möglichkeiten wird jede gute Geschichte im Kern erstickt, wie Jens schon sagte.
        Aventurien besticht dagegen natürlich durch seine deutsch-ordentliche Vorgartenatmosphäre – hier ein Beet mit Zwergen, da eins mit Goblins und hier drüben steht das vorderorientalische Wüstenvolk neben der Pseudo-Wildwest-Viehändler-Kultur. Und natürlich können die sich alle nicht leiden. Warum sie sich dann auf so engem Raum nicht längst gegenseitig ausgelöscht haben, kA.

        Was Glaubwürdigkeit betrifft sind die weiterhin genannten Hintergründe der „Publikumslieblinge“ Star Wars und Star Trek meiner Meinung nach kaum besser.

        Gerade wenn ein Hintergrund phantastische Elemente enthält, sollte er meiner Meinung nach glaubhaft und wie aus einem Guß wirken und die uns geläufigen Naturgesetze nicht außer acht lassen. Magie zB sollte nicht einfach aus dem Nichts kommen sondern die Gegebenheiten der Umwelt nützen (ein Nebelzauber könnte zB vorhandene Nebelfetzen oder Dünste verdichten, Feuerbälle entstehen nicht einfach so sondern werden zB durch magisch brennende Tannenzapfen „simuliert“. Es gibt eine Stelle beim HdR (ich glaube beim Versuch der Ringgefährten, den Rothornpass zu überqueren) wo von Gandalf verlangt wird, dass er einen Feuerzauber wirkt, worauf er, wie es seine Art ist, rummotzt, dass er schon etwas trockenes Holz oder Stroh braucht, um darauf einzuwirken. Daraus lernen wir: auch ein höheres Wesen das als rüstiger Opa durch die Gegend läuft, kann sich, da er ja nunmal Teil der körperlichen Welt werden musste, um seinen Berater-Job zu erledigen, nicht völlig über die Naturgesetze hinwegsetzen. Durch solche Details fühle ich mich gleich mit dem „magischen Plotdevice“ versöhnt.

        Dabei darf Magie bei mir auch gerne aus einer mystischen Quelle stammen und sogar einen eigenen Willen haben, anstatt einfach nur eine weitere Energieform zu sein, die wie Strom aus der Steckdose verwendet wird.
        Auch dass das Brechen der Naturgesetze durch Magie irgendwelche unangenehmen Auswirkungen hat (von der üblichen geistigen Erschöpfung über irgendwelche magisch-gruselige Wesen, die dadurch angelockt werden bis zur Beeinträchtigung der Umwelt – Pflanzen verwelken, Tiere spielen verrückt usw.) finde ich angebracht.

        Das frei verfügbare Herumteleportieren (noch nicht mal mit Überschallknall), Fliegen und Feuerballumherschleudern von D&D & Co. sind für mich einfach nur Atmosphärekiller, weshalb ich die entsprechenden Magiesysteme als Spielleiter nie so verwendet habe.

      2. (Fortsetzung) Als Hintergründe, die ich gerne thematisiert bekäme würde ich jetzt mal den Hintergrund der Witcher-Romane vorschlagen, der meiner Meinung nach eine recht eigentümliche Grätsche zwischen D&D-Albernheiten (magische Portale, Teleportation usw. gibt es ja und die Hintergründe, wie die Menschen, Elfen usw. auf die Welt kamen, fand ich recht verworren und albern, wie oft bei D&D) und der überzeugend beschriebenen mittelalterlichen Welt (Sapkowski schreibt ja eigentlich historische Romane).

        Des weiteren Eclipse Phase, das ja auch auf Gedeih und Verderb versucht, alle möglichen Elemente zu integrieren: Cyberpunk, Transhumanistik, Uplifting, Postapokalypse, aber natürlich gibt es auch Außerirdische und Sternenportale, quasimagische Technologie und sogar Psi. Wobei gesagt wird, dass man das als optional ansehen soll und nicht alles übernehmen muss. Das heißt aber (denke ich) dass zwei Spielleiter mit verschiedenen Ansichten zwei deutlich unterscheidbare Eclipse Phase Hintergründe schaffen können, in denen sich dann aber ein und dieselbe Spielergruppe herumschlagen soll.

        Des weiteren Numenera, einfach nur weil ichs interresant finde und noch nicht viel drüber gehört habe. Mit den acht vorangegangenen Zivilisationen soll wohl auch eine riesige Vielfalt an Kreaturen und Rassen, quasimagische Technologie usw. geschaffen werden und so Fantasy- und SciFi-Elemente und Endzeit vereint werden. Scheint, als ob man bei Rollenspielen die Verkaufszahlen zu maximieren versucht, indem man den Spielern eine möglichst breite Palette anbietet.

        Ein weiteres Beispiel dafür wäre sicher auch die neue World of Darkness. Während sich bei der alten die einzelnen Systeme nicht besonders ergänzten und teilweise gegenseitig ausschlossen, scheint die neue eher darauf angelegt zu sein, dass alles, was so im Bereich Horror und Grusel rumläuft, auf ein und derselben „dunklen“ Erde rumhüpfen und sogar miteinander interagieren und „Koterien“ (oder wie die Spielergruppen jeweils heißen) bilden kann. Des weiteren wird zumindest im Band „Mirrors“ dazu aufgerufen, eigene Alternativgegenwarten und historische Szenarien, Zukunftsszenarien und sogar Dark Fantasy Hintergründe zu basteln.

        .

      3. Was man vielleicht auch mal ansprechen könnte: Professor Tolkien’s recht abgehobene Vorstellung der „Zweitschöpfung“ (subcreation), in der er das Weltenbauen und Mythenerschaffen quasi zur hohen Kunst erklärt, als Möglichkeit die Schöpfung im (damals war Kreationist noch kein Schimpfwort und er war wohl ziemlich gläubig) besser zu verstehen. Jedenfalls seine Vorstellung davon, die voraussetzt, dass man sich an irdischen Vorbildern orientiert, was irgendwelche Science Fiction, die ja seinerzeit sehr populär wurde, nicht mit einschloss.

        http://tolkiengateway.net/wiki/Sub-creation
        http://tolkiengateway.net/wiki/Secondary_world
        http://www.polyoinos.de/tolk_stuff/fairystories.htm

        *hüstrl*…falls ihr euch übrigens wundert, warum ich euch hier zutexte, ich hab zur Zeit Resturlaub und das Thema liegt mir halt sehr am Herzen…^^

  3. Weltenbau, mehr so auf der konzeptuellen Ebene, gehört zu meinen Interessen, wobei ich mit einer vertieften Beschäftigung noch am Anfang stehe. Insofern sehr spannende Diskussion. Ich würde erstmal versuchen, die verschiedenen Aspekte, die ihr angesprochen habt, deutlicher zu trennen. Ich sehe da vier Hauptpunkte:

    1. Was ist eine Welt? Was ist Weltenbau? (nur implizit)

    2. Was will Weltenbau erreichen? Welche Vielfalt von Zielen gibt es? (gestreift)

    3. Was ist guter Weltenbau? (Hauptteil der Diskussion würde ich sagen)

    4. Präsentation einer Welt (die Diskussion vom Anfang)

    Eurem Gespräch fehlte ein wenig die Klärung von Punkt 1 und Punkt 2. Um die Definitionen ging es zwar implizit immer wieder, aber ihr habt das am Anfang nicht festgelegt. Eine solche Implikation kommt zum Beispiel bei dem, was ihr Skalierung genannt habt: Gibt es eine Untergrenze? Zählt etwa eine Kleinstadt, die ich für eine Geschichte ausarbeite, genauso als Welt, wie 1000 Jahre Geschichte eines ganzen Kontinents? Punkt 2 habt ihr ein paar Mal gestreift, aber gerade den zu klären, finde ich im Bezug auf Punkt 3 wichtig. Hängt das, was ich unter gutem Weltenbau verstehe, nicht entscheidend von dem Ziel ab, das ich mit meiner Welt verfolge? Insofern würde ich sagen, dass ihr im Hauptteil der Diskussion sehr viele Elemente einer Welt genannt habt, die aus meiner Sicht weniger konstitutiv als funktional sind. Also, ich will Ziel A mit meiner Welt erreichen und deshalb brauche ich X, Y und Z als Grundpfeiler. Allerdings muss nicht jede Welt X, Y und Z zwingend aufweisen.

    Bei Punkt 4 hatte Ron ja schon zu Anfang Zweifel angedeutet, ob man das zum Weltenbau zählt. Die würde ich mit zwei Denkanstößen bestärken. Sagen wir zum einen, ich habe eine objektiv interessante Welt gebaut (objektiv im Sinne von, viele Leute finden sie interessant, wenn ich sie in ihrer Gänze vorstelle). Ich kann jetzt aber immer noch die langweiligste Figur im langweiligsten Winkel der Welt nehmen, um eine Geschichte zu erzählen. Mit anderen Worten wie gut mein Weltenbau ist, hängt nicht davon ab, wie gut ich das Ergebnis hinterher präsentiere. Der andere Denkanstoß: Die gleiche Frage nach der Präsentation stellt sich, wenn ich über die reale Welt schreibe, etwa eine historische Abhandlung oder ein Bericht über ein anderes Land. Welche Aspekte greife ich heraus? Welche kulturellen Besonderheiten stelle ich dar? Was sollte der Leser bezüglich der Andersartigkeit der Zeit oder des Ortes verstehen? Präsentation ist also eine andere Tätigkeit als Weltenbau. Ich würde zugestehen, dass das Nachdenken darüber, was man präsentieren will, helfen kann Lücken in der bisherigen Ausarbeitung der Welt zu finden. Vielleicht auch, dass Fähigkeiten im Weltenbau und in der Präsentation sich überschneiden können. (Hier widerstehe ich mal der Versuchung zu überlegen, inwiefern unsere beständige Konstruktion der Realität eine identische Aktivität zum Bauen fiktiver Welten ist und sich lediglich auf ein anderes, eben wirkliches, Ziel bezieht.)

    Zurück zu den ersten drei Punkten. Also, was ist eine Welt? Ein erster Ansatz: Eine Welt ist ein Satz von Beschreibungen eines fiktiven Anderswo und Anderswann. Weltenbau ist demnach die Erzeugung dieser Beschreibungen. Ihr hattet das Thema Western kurz gestreift, ich würde diese historischen (auch fremdländischen oder vertraut-aber-fremden) Umgebungen vom Weltenbau absetzen und das eher als Realweltrekonstruktion und Realweltmodifikation bezeichnen. Das wäre weiterhin von soetwas wie Alternate History abzusetzen. Dort würde ich die Weiterentwicklung vom historischen Abzweigungspunkt als eine Mischung aus Realweltmodifikation und Weltenbau charakterisieren.

    Die Frage der Zielsetzung: In eurer Debatte ging es viel darum, inwiefern eine Welt ihr Anderswo und Anderswann fühlbar macht. Ich glaube, das ist in der Tat eine der entscheidenen Fragen, aber sie hängt eben mit dem Ziel zusammen, das ich mit dem Weltenbau verfolge (alternativ damit, wer der Rezipient ist). Das Einsatzziel, was ihr vorausgesetzt habt, würde ich vielleicht als Phantastikepos umschreiben. Nebenbei, ihr seid gar nicht groß auf die Unterscheidung zwischen Spiel und Erzählung eingegangen. Die scheint mir aber doch recht wichtig. Aber ich will auf etwas anderes hinaus. Eine Welt kann auch wesentlich rudimentärer sein, als eure Liste notwendiger Elemente nahelegt. Um das zu untermauern, möchte ich euch mal an eure Microscope-Episode erinnern. Mit der Frage, wann hat man bei Microscope eigentlich das Gefühl eine Welt geschaffen zu haben? Ich würde behaupten, dieses Gefühl stellt sich ziemlich schnell ein. Vielleicht bereits, wenn man die Andersartigkeit der Welt beschrieben hat („big picture“) und ihr Grenzen gegeben hat („bookends“). Alles andere ist dann nur noch eine Frage der Granularität der Beschreibung. Woran das liegt, habt ihr in der Diskussion auch angesprochen: Zum einen nimmt Weltenbau seinen Ausgangspunkt in unserer Wirklichkeit, zum anderen wird jede Welt an irgendeiner Stelle unplausibel. Weil Welten notwendigerweise lückenhaft sind, verlasse ich mich bei Weltenbau auf die Assoziationen, die mein Satz von Beschreibungen auslöst. Stichwort: „suspension of disbelief“. Ein bisschen entsteht eine Welt ja auch erst im Kopf des Rezipienten, oder besser das Gefühl des Anderswo und Anderswann entsteht im Kopf. Wenn ich der Weltenbauer bin, ist die Welt in meinem Kopf vermutlich sehr viel größer, als das, was ich darüber aufzeichnen kann. Wenn ich aber jemanden anderen diese Welt nahebringen will, dann kommen wir zur Frage nach den Beschreibungen, die mein Anderswo oder Anderswann transportieren. Oder, wieder in der Alternative zurück, der Frage, was ist mein Ziel und was ist guter Weltenbau mit Hinblick auf dieses Ziel.

    Da das doch recht abstrakt war, vielleicht nochmal konkret: Wenn ich eine Welt beschreibe, in der nur eine Person existiert (klassisch: einsame Insel, auch möglich: einsames Universum), dann fallen alle kulturellen Grundpfeiler, von denen ihr gesprochen habt, weg. Wenn ich eine Art Jenseits beschreibe, ist Schemenhaftigkeit womöglich ein Funktionselement. Wenn ich eine absurde Umgebung wie die Welt des Hitchhiker’s Guide erzeuge, dann sind Brüche in der Konsistenz gewollt. Sagen wir ich habe eine Geschichte, wo ich die Existenz vieler Welten andeuten, dann ist „guter Weltenbau“ die Skizze mit der beim Rezipienten sofort das Gefühl erzeugt wird, in kurzer Folge andere Welten zu erleben.

    Schließlich nochmal zurück zur Frage des guten Weltenbaus in Phantastikwelten. Ein Kriterium, das in dir Diskussion immer wieder aufkam, kann man vielleicht mit Konsistenz, Glaubwürdigkeit oder Detailtiefe umschreiben. Es gibt ein schönes Videoessay, was ich hier empfehlen möchte: „The Shandification of Fallout“ von MrBtongue [16min]. Das beschreibt glaube ich genau die gesuchte Qualität hier im Bezug auf Computerspielrollenspiele. (Und da jemand Bladerunner erwähnte, auch dafür hat MrBtongue ein sehr empfehlenswertes Review. [19min])

    Dann würde ich aus eurer Auflistung nochmal gut dosierte Andersartigkeit als wichtige Zutat hervorheben. Dosiert insofern, als dass man schon ein paar vertraute Anknüpfungspunkte braucht, aber ohne andersartige Elemente besteht die Gefahr, dass große Detailtiefe vielleicht sogar eine langweilende Wirkung hat. Das generische Pseudo-Mittelalter mit ein bisschen Magie mag man etwa für eine gute Geschichte noch akzeptieren, aber von der vollständig ausgearbeiteten Genealogie der Könige über zehn Generationen hinweg will, mit Ausnahme des übereifrigen Weltenbauers, im Allgemeinen niemand etwas hören.

    Zum Schluss noch ein paar kleinere Anregungen oder Anmerkungen:

    Mir scheint soetwas wie Simulationismus gibt es auch beim Weltenbau. Ich verweise hier mal auf einen kurzen Artikel bei System Matters letztens: http://www.system-matters.de/2013/10/06/world-building-von-grundauf/ Und zwar geht es mir, um die dort eingebundene Folge von Grafiken, wo jemand eine Welt beginnend mit der Plattentektonik erstellt hat. Schaut man sich mal im Internet um, gibt es viele Rezepturen für Weltenbau, die auf eine solche Authenzität abzielen. Die erfolgreichen Welten aus Romanen oder Rollenspielen scheinen mir dagegen in ihrem Aufbau meistens von erzählerischen Erwägungen getrieben zu sein. Vielleicht ein ganz interessanter Gegensatz…

    Also das mit der ausgelassenen Toilette ist dem Unbehagen mit dem Vorgang geschuldet. Essen wird auch dann erwähnt, wenn nichts Andersartiges daran ist, zur Darstellung des Toilettengangs müssen dagegen besondere Umstände zwingen. Ihr kennt Ulysses von James Joyce, oder?

    Überladene Settings, in denen man alles Mögliche findet, laufen auch unter dem Stichwort „kitchen sink“. Findet man etwa bei tvtropes.

    Also eine der Sachen, die ich bei Shadowrun wirklich interessant finde, ist die Umkehr der zeitlichen Reihenfolge von Technologie und Magie. Bei Technologie/Magie-Verbindungen ist Magie üblicherweise das Traditionelle und dann kommt Technologie hinzu und das ist oft so ein bisschen ein Aufguss unserer eigenen Geschichte mit Naturverbundenheit versus Industrialisierung. Bei Shadowrun ist der Startpunkt dagegen Anfang das 21. Jahrhunderts, also eine Welt, die die Magie im Wesentlichen verbannt hat, und in diese Welt bricht sie plötzlich ein und mischt alles auf.

  4. Unterhaltsam, aber manchmal „etwas im Nebel stochernd“, hatte ich das Gefühl.

    Am Anfang bei Star Wars hatte ich so das Gefühl, dass ihr eigentlich auf folgende beifde Weltenansätze hinaus wollt:
    1.) Top Down: Vom Großen zum Kleinen. Man macht erst die gesamte Welt, nimmt sich dann einen Kontinent vor, dann die Länder dort, die Städte, die Viertel und zum Schluss besondere Häuser und Einwohner.
    Vorteil: Große Zusammenhänge werden vorweg festgelegt.
    2.) Bottom up: Vom Kleinen zum Großen. Man fängt beim Dort und der unmittelbaren Umgebung an, macht bei der Hauptstadt des Landes weiter, arbeitet dann die Nachbarn aus und hat irgendwann seinen Kontinent fertig.
    Vorteil: Die Welt wächst mit dem Spielfokus, den Möglichkeiten der SC.

    Eine zweite Sache ist mir aufgefallen, nämlich Film- oder Buchuniversen werden häufig mit Rollenspieluniversen durcheinandergewirbelt. Das ist glaub ich, ein wichtiger Unterschied, _was_ davon ich machen will. Im Buch- (und Film-)universum Harry Potter muss ich nicht genau wissen, wie oft Harry Potter täglich zaubern kann, wieviele Sprüche er in welcher Frequenzz „rausrotzen“ kann. Vielleicht arbeite ich in den Fluff ein, ob man ein „Fire- & Forget“, reine Formelmagie oder sonstwas macht, letztlich muss ich das aber nicht im Detail wissen, eine grobe Idee reicht für das Funktionieren des Universums. Im Rollenspieluniversum Harry Potter, wo sich die drei dargestellten Schüler-NSC im Spinnenwald 5 von den Viechern gegenübersehen, ist das hingegen äußerst wichtig. Wie lang dauert der Verstecken-Zauber? Können mich die Viecher trotzdem riechen? Kann ich sie mit einem Blitzzauber verschrecken oder nur blenden? (etc. pp.) Sprich: ein Rollenspieluniversum braucht ja einen exakteren Unterbau, natürlich wegen der Regeln, aber letztlich beeinflußt das ja auch den Hintergrund (Fire & Forget-Magie ist ein gutes Beispiel, einfach weil es bestimmte Sachen möglich, andere Unmöglich macht).

    Bin gespannt auf Folge 2!

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